Frankfurter Rundschau 31.August 2007 |
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Alte Bekannte Die Koblenzer Straße feiert mit Understatement VON BEN REICHARDT ![]() Wer die Koblenzer Straße kennt, hätte wohl nicht im Traum daran gedacht, dass hier mal Feste gefeiert werden. Das Gallus ist kein hippes Viertel und die Koblenzer machte da keine Ausnahme. Es gibt keine Kneipen, Clubs oder Läden, wegen denen es lohnen würde, hierher zu kommen. Der letzte Bäcker musste schon vor Jahren den Betrieb einstellen, der Friseursalon hat zugemacht, die große Metzgerei - seit Ewigkeiten geschlossen. Die einzigen Konstanten sind der türkische Imbiss und der Zeitschriftenladen an der Ecke. Für Abwechslung sorgen allenfalls die Autos, die gegen die Einbahnstraße fahren. Das ist nicht als Plädoyer gegen die Koblenzer Straße zu verstehen, der Autor hat selbst mehr als ein Vierteljahrhundert hier gelebt und muss feststellen: Während sich Frankfurt wandelt, ist die Koblenzer sich treu geblieben. Es war deshalb ein ungewohnter Anblick im Juli vor zwei Jahren. Der vordere Teil der Straße war gänzlich frei von Autos. Irgendwie war die Koblenzer auf einmal nackt. Jedenfalls so lange, bis die ersten Tische und Stühle rausgestellt wurden und Kinder Decken auf dem Trottoir auslegten, um dort Flohmarkt zu machen. Dazwischen Menschen, die einem zwar bekannt waren, mit denen man aber kaum ein Wort gewechselt hat. Sie da sitzen, trinken, essen oder diskutieren zu sehen, war so, als wenn man plötzlich eine neue Seite an einem alten Bekannten entdeckt. Klar, Nachbarn trifft man auch beim Rotlint- oder dem Berger Straßenfest. Aber mal ehrlich, macht das Spaß? Sich durch das Gedränge verschwitzter und gestresster Festbesucher zu schieben? In der Koblenzer wird einem das garantiert nicht passieren. Ihr größtes Plus ist aber, dass sie authentisch ist. Es gibt keinen Modeschmuck aus fernen Kontinenten, keine Bierwagen und wer im verwaschenen Muskelshirt kommt, ist nicht underdressed. |
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